Von Beginn des 16. Jahrhunderts bis zum Ende des 18. Jahrhunderts gab es in Schaidt ein Dorfgericht, das als Untergericht dem Oberamt Lauterburg zugeteilt war. Das erste Gerichtsbuch aus dem Jahre 1581 hat auf dem Titelblatt folgenden Wortlaut: Intitum sapientie timor dnj.. Gerichts Prothcoll deß Dorfs Scheidt, darinnen alle gerichtliche Sachen, Urtel, Weisüng, Werung, Geberedüng und Anderen Contracten Begriffen.
Also mit Vorwissen deß Edlen und Ernvesten Hanß Engelbarten Ridesell, Fauth und Oberamtmanß zu Lauterburk Unseres gepietden Liben Junkers angefangen und durch mich Johan Hofman publikum Notarum undt Statschreiber zu Lauterburg Institulirt worden den dreißigste des Monats Marty Im Jahr Fünfzehnhundert Achzig eins zelende. Ich Hans Engelbert Riedesell dieser zeit Fauth und Oberamtman zu Lauterburgk bekhen mit dieser eigen Handschrift, daß dieses gerichts Buch im waren guthen Feuerwyßen besehen und zu wachen bevolen wordten Actum den sechs und zwanßigsten Tag Juni Anno den achtzig und ein Jars.
Bevor mit einem Eintrag in den gerichtlichen Akten begonnen wurde, erfolgte eine Belehrung mit folgendem Wortlaut: Im Namen der heiligen Dreifaltigkeit. Amen.
Merke mit Fleiß ein jeglicher Mensch! Wer einen Eid schwören will, der soll aufheben drei Finger. Bei dem ersten, das ist der Daumen als dem innersten, schwört er bei Gott dem Vater, bei dem anderen Gott dem Sohne, bei dem dritten Gott dem heiligen Geiste. Die anderen zwei längsten Finger neige er unter sich. Der eine bedeutet die köstliche Seele, als sie verborgen ist unter der Menschheit, und der fünfte, kleinste Finger bedeutet den Leib, als der Leib klein ist zu heißen gegen die Seele. Die ganze Hand bedeutet einen Gott und einen Schöpfer, der den Menschen und alle Creaturen im Himmel und auf Erden erschaffen hat.
Die Einrichtung des Dorfgerichts gründet sich auf eine Gerichtsordnung und das „Weistum“. Gerade diese Urkunden erwecken in unserer Zeit großes Interesse. Allgemeine gültige Gesetze gab es in alter Zeit für die Gerichte nicht. Jedes Volk, jeder Volksstamm, jeder Gau und jede Gemeinde hatten ein eigenes „Recht“, das jedoch den allgemeinen Rechtsanschauungen entsprach. Hier eine Auszug aus der Gerichtsordnung und dem Weistum von Schaidt im Wortlaut:
Gerichtsordnung des Dorfgerichts Schaidt vom Jahre 1575
Kunth unnd zu wißen seie Aller weniglich, Als uff heut dato disser Schriefft vor mir Hanns Engelbrecht Riedeßell Fauth zu Lauterburg komen unnd erschienen seindt, die Ehrnhafften Erbarn Schultheiß unnd Gericht zue Schaidt unnd mich mit Vleiß angesucht unnd gebetten, inen des Gerichts Ordnung zu besseren unnd zu Confirmiren auf Inen dabei zue erlauben ein ander Gericht unnd Werthschaff buch zu machen, Urtheill unnd Anders von Inen ußgesprochen, Unnd Ihnen in Iren Häuptern zubehalten nit müglich darhinnen zu schreiben, uff das einem Jeden bei Inen von gerichts wegen wiederfare Was die billigkeitt uff Im habe, und sich auch ein Jeder So für Inen rechten will vor Schaden wisse zu verhüten.
Es folgen 21 Paragraphen, die für alle möglichen Streitereien eine Regelung finden.
Das Weistum beginnt mit folgendem Wortlaut: Rechtsprüch unnd Weysung so die von Schaidt Jerlich pflegen zu thun. Wir weisen unnd sprechen zu recht, Unserem gnedigen Hern von Speyer alle Oberkeyt, Herlichkeit, Gerechtigkeit, Zwing unnd Bhann Frenell und Unfelle, als Unserem rechten hern Im Flecken unnd in der ganzen Margk. Wir weißen auch das Unser gnediger Her Von Speyer habe Schultheiß unnd Gericht zu setzen unnd entsetzen, unnd dazu ist es bißher also Hebtrecht, Das man kein Schöffen gezogen oder erwölet haben, er sei dan Unseres gnedigen Hern von Speyer, Oder eins Abtes von Weißenburg Leibaygen.
Der Vorsitzende des Gerichts war stets der Schultheiß. Er wurde von den „Gemeindsleuten“ gewählt und vom Oberamten mit der Verleihung des Schultheißenstabes bestätigt. Die Stelle eines Gerichtsschreibers übernahm in der Regel der „Ortsschulmeister“. Die Gerichtsschöffen wurden ebenfalls von den „Gemeindsleuten“ gewählt, meistens auf Lebensdauer.
Die Gerichtssitzungen wurden im Gemeinde- oder Rathaus abgehalten, in dem eine eigene „Gerichtsstube“ eingerichtet war. Manchmal war es notwendig eine Gerichtsverhandlung im Freien abzuhalten, weil sich „viel Volk“ versammelte.
Der „Richtplatz“ befand sich westlich des Dorfes „bei den drei Kreuzen“. Etwa an der Stelle des heutigen „Weilerhofs“ an der „Langgass“. Der Platz war mit Nußbäumen öffentlich gekennzeichnet. Die Gewanne „Steinböhl oder Steinbühl“ deuten auch auf den „Verscharrungsplatz“ hin.
Ein besonders bemerkenswerter Eintrag in den Gerichtsbücher von Schaidt, ist das „Todesurteil“ und sein Vollzug an dem Zimmergesellen Johannes Heger aus dem bayerischen Allgäu.
Am Ostersonntag, den 22. April 1715 nach der Ostermesse gingen die Männer und Burschen in die Schildwirtschaft zum „Ritter St. Georg“ (heute linke Hälfte des Bürgerhauses) um ein Bier zu trinken. Es kam zu einem Streit zwischen dem Johannes Heger und dem Krämersohn Christian Lambert, wobei der unbeteiligte Lorenz Getto zu Tode kam. Alle Gäste der Wirtschaft und der Wirt Peter Schmaltz wurden im „Türmel“ eingesperrt. Die Beweisaufnahme und die Gerichtssitzungen dauerten einen Monat. Am 23. Mai war das Todesurteil gefällt. Die Gefangenen wurden freigelassen. Der Verurteilte Johann Heger wurde am 27. Mai zum Richtplatz geführt. Durch den Nachrichter aus Bruchsal wurde dem „Deliiqueten“ der Kopf mit dem Schwert abgeschlagen und der tote Körper an Ort und Stelle begraben.
So lesen wir aus der Geschichte des Dorfgerichts Schaidt, dass Recht und Gerechtigkeit seit alten Zeiten beschützt und gepflegt wurden. Der Schultheiß und die Schöffen waren einfache Leute die in Treu und Glauben „Recht“ sprachen. Der „Eid“ galt als ein religiöser Akt, dem der Richter, der ihn in feierlicher Weise abnahm, stets sicher vertrauen konnte.